Kürzlich bin ich einem Gemälde begegnet – oder vielmehr einem gemalten Plakat in Zürich’s hipstem Kreis 4. Werbung ist Teil unseres Stadtbildes. Aber dieses Bild scheint mehr als simple Werbung zu sein.
Über dem etwas aus der Zeit geratenen Kiosk „Am Damm“ – gut sichtbar aus der Tramlinie 4 – suchte das Abbild des Türkei-Wappens, das Konterfei eines eleganten Mannes und der Umschlag eines Buches mit dem Titel „Everybody’s Atatürk“ by Mine Dal meine Aufmerksamkeit. Gleich darunter wurden indisches Curry, Pizza, Snacks, Kebab, Getränke und Money Transfer angeboten. Was wollte mir das Bild sagen?
Plakate sind gewohnte Bestandteile unserer Stadtwelt. Sie werben an allen Ecken und Enden für elektronische Geräte, Versicherungen, Banken, Esswaren und Filme. Städte ohne Plakate wirken auf uns tot, unbewohnt und farblos. Sie würden allenfalls noch Erinnerungen wecken an sozialistische Stadtbilder aus China. Aber Plakate für Bücher? Gut, vielleicht gibt es hie und da mal eine grosse Poster-Kampagne für einen Blockbuster, für Romane eines Nobelpreisgewinners, für einen Krimi, den alle lesen sollten oder für einen überragenden Liebesroman mit Happy End. Aber ein gemaltes Mega-Poster für ein Buch über Atatürk? Da wollte ich wissen, was dahinter steckt. Ich wollte in Erfahrung bringen, welches Werk für sich in Anspruch nimmt, das Züricher Stadtbild mit einem übergrossen, gemalten Poster auf sich aufmerksam zu machen. Fündig wurde ich bei der Edition Patrick Frey.
Everybody’s Atatürk ist …
… ein faszinierendes Fotobuch über Atatürk in der heutigen Türkei, erschienen in der Edition Patrick Frey von Mine Dal. Es zeigt eine visuelle Reise durch den gegenwärtigen türkischen Alltag.
Die in der Schweiz lebende und in Istanbul geborene Fotografin Mine Dal bereiste für dieses Langzeitprojekt weite Teile der Türkei und hielt die vielfältige Präsenz des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk (1881–1938) fest.
Daraus entstanden ist ein facettenreiches Abbild der türkischen Gesellschaft. In nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens begegnet man noch heute der Symbolfigur Atatürk: beim Schneider, Metzger oder Gemüsehändler, im Restaurant oder in der Schule, beim Coiffeur und im Schuhladen, beinahe überall im öffentlichen Raum trifft man auf Atatürk.
Noch über 80 Jahre nach dem Tod des Staatsgründers zeigt sich seine Verehrung flächendeckend und lebendig. Atatürk hatte die Modernisierung der Türkei nach westlichem Vorbild vorangetrieben und mit tiefgreifenden gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Reformen das Land grundlegend neu definiert.
Mine Dal ist der Allgegenwärtigkeit dieser historischen Figur gefolgt. Ihre Fotografien zeigen nicht nur «everybody’s Atatürk», sondern gleichzeitig das Alltagsleben in anatolischen Dörfern, in Grossstädten, Berg- und Küstenregionen.
Diese weitgefächerte und sorgfältig erarbeitete Dokumentation mit einzigartigem Bildmaterial und mit Texten von Zülfü Livaneli und Altan Öymen in Englisch und Türkisch spiegelt auch das Beharren der Bevölkerung auf eine weltoffene und aufgeschlossene Türkei.
Das Werk können Sie hier direkt bei der Edition Patrick Frey für CHF 68 bestellen.