Seit 1993 kürt Hochparterre zusammen mit dem Museum für Gestaltung jährlich die besten Bauten und Objekte in Architektur, Design und Landschaftsarchitektur. Die prämierten Projekte sind bis am 10. Januar 2021 im Museum für Gestaltung, Ausstellungsstrasse 60, Zürich, zu sehen.

Und hier sehen Sie die diesjährigen Preisträger

Architektur

Architektur Gold: Wohnüberbauung Moos, Cham ZG

Die Siedlung in Cham steht für eine neue Frische. Statt wegzulassen, reichern die Architekten ihren Entwurf an, differenzieren Schichten aus, stärken den Charakter jedes Bauteils. Hauptdarsteller in diesem Formfeuerwerk ist das klimagerechte Material Holz, akzentuiert mit heiteren Farbtupfern. Darüber hinaus macht die Siedlung viel Alltägliches richtig. Sie spannt am Rande des Dorfes einen öffentlichen Rahmen auf. Die Gemeinschaftsräume und die Laubengänge unterstützen die Nachbarschaft.

Die Wohnungen, deren Einbauregale die Mieterinnen selbst bauen können, sind für die Zufälligkeiten des Lebens bestimmt. Auch das gehört zu dieser offenen und unverkrampften Baukunst.

Architektur Silber: Restaurant und Fischereianlage, Genf

Die Pavillons am Stadtstrand von Genf verbinden das Gewerbe und die Erholung unaufgeregt. Das erste Haus bietet den Fischern Raum für ihre Arbeit nach dem Fang, das zweite schafft mit einer Plattform viel Platz, um einen Kaffee zu trinken oder Sonne zu tanken. Die Stahlarchitektur bringt mit ihren Details beide Welten pragmatisch und doch poetisch zusammen. Eine Schutzwand hält den Wind ab und wird hochgeklappt zum Vordach. Die bewegliche Architektur wirkt technisch und luftig leicht zugleich.

Sie lässt dem See den Vortritt. Und die Bauten erschliessen das Ufer für die Öffentlichkeit, während es andernorts privat bleibt. Andere Gemeinden sollten sich daran ein Vorbild nehmen.

Architektur Bronze: Umbau Einfamilienhaus, Allschwil BL

Der Umbau des Wohnhauses in Allschwil offenbart das architektonische Potenzial, wenn Alt und Neu sich gegenseitig stärken. Die Architekten klären das Raumgefüge aus den 1960er-Jahren. Mit wenigen, aber gezielten Eingriffen werten sie den Bestand auf. Mit dem Annex setzen sie einen Akzent, der sich schlüssig in die Bestandsarchitektur einfügt. Das Resultat ist ein neues Ganzes, das seine Geschichte und Bruchstellen lesbar macht. Die Umbaustrategie der Architekten ist exemplarisch – auch für grössere Bauten. Sie lehrt uns, bestehende Bauten nicht abzubrechen, sondern klug umzubauen und weiterzunutzen. Eine Aufgabe, die überall in der Schweiz ansteht.

Design

Design Gold: Aussenraumgestaltung ‹Circulateur›

Inch Furniture setzt ein starkes Zeichen für das neue Museumsquartier in Lausanne. Die Designer kombinieren die kreisförmigen Sitzelemente auf der ‹Plateforme 10› mit schlichtem Stadtmobiliar. So reagieren sie auf die prominente Architektur. Das Projekt überzeugt auf allen Ebenen: in der nutzerzentrierten Perspektive, die Bedürfnisse der Spaziergängerinnen, Museumsbesucher und der Auftraggeber einbezieht. In der formalen Gestaltung, die Nutzungsvielfalt gewährleistet und mit präzis-zufälliger Form überrascht. In der haptischen Vielfalt der Oberflächen. Und schliesslich fertigungstechnisch, indem die Produktion vor Ort Transportwege spart.

Design Silber: Installation ‹Book is a Book is a Book›

Mit einfachen szenografischen Mitteln schrumpft der Realraum auf ein intimes Setting: ein Tisch, ein Stuhl, eine Lampe, ein Kopfhörer und das Buch. Eigens für die Produktion gestaltet und gedruckt, spannt das Buch einen virtuellen Raum auf. Angeleitet durch eine Stimme, blättert man durch diesen Raum. Dank der Dramaturgie verbinden sich Buch und Hörraum zu einer Einheit. Hinzu kommen die haptische Erfahrung mit dem Buch und die aufgerufenen eigenen sensuellen Erinnerungen. Alle Teile sind sorgfältig gestaltet: Trickster-p verbindet die Medien Installation, Performance, Buch und Hörraum zu einem neuen, eigenständigen Format, in dem das Publikum einzeln zum Akteur wird.

Design Bronze: Interaktives Display ‹Interactive Replicas›

Das Projekt kümmert sich um die Vermittlung von Design. Mit einem Replikat, das die Museumsbesucherin in die Hand nehmen kann, und einem digitalen Doppel auf einem Bildschirm. So entsteht Nähe zu Artefakten, die die Besucher erkunden können, was in Museen sonst nicht möglich ist. Der Aufbau ist schlicht und intuitiv. Die Designer verzichten auf eine VR-Brille, die Besucherinnen bleiben im Raum präsent. INT Studio wird seine Arbeit als methodische Grundlage auch für andere Aufgaben nutzen können. Das Projekt steht als cleveres Bindeglied zwischen digitaler und analoger Welt: Damit wir mit Augen und Händen erfassen können, was sonst hinter Vitrinen verschlossen bleibt.

Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur Gold: Mediengarten SRF, Zürich

Das Projekt zeigt vor, welche Grünräume auf einem Parkdeck möglich sind. Es gelingt Krebs und Herde, einen Freiraumtypus zu kreieren, dessen Reiz ist, dass er sich schwer einordnen lässt: Ist der ‹Mediengarten› ein langer Park, ein üppiger Garten oder eine bepflanzte Passage? Er ist ein bisschen von allem, und das ist gut und schön. Seine formalen Qualitäten überzeugen ebenso wie der Pflanzencocktail, der von der Könner-und Kennerschaft des Büros in diesem Bereich zeugt. Das griffige Gartenbild, das die Landschaftsarchitekten zeichnen, lotet die Pole Natur und Künstlichkeit aus, ist aber auch ein räumliches Erlebnis. Dieser Garten ohne klare Richtung definiert mit raumbildenden Pflanzenkulissen und experimentellen Pflanzengesellschaften einen vieldeutigen, neuen Landschaftsarchitekturtypus.

Landschaftsarchitektur Silber: Öffentlicher Strand und Hafen Eaux-Vives, Genf

Der neue Stadtstrand ist ein mutiges und eindrucksvolles Projekt. Die gestalterischen, ingenieurstechnischen, hydrologischen und ökologischen Anforderungen konnte nur ein interdisziplinär zusammengesetztes Team aus Ingenieuren und weiteren Spezialisten meistern, in dem Landschaftsarchitekten einen festen Platz hatten. Das Projekt musste viele politische und technische Hürden nehmen, konnte sich aber trotzdem treu bleiben. Der Strand ist auf Initiative der Projektverfasser hin entstanden. Das Resultat verbessert den Lebensraum für alle Genferinnen und Genfer. Für einmal wird Stadt nicht durch Bauten geschaffen, sondern durch Land – Landschaftsarchitektur macht Städtebau.

Landschaftsarchitektur Bronze: ‹Parc des anciennes serres› und Aussenräume ‹Coopérative d’en face›, Neuenburg

Die Geschichte der Umnutzung des Areals der ehemaligen Stadtgärtnerei in einen Quartierfreiraum ist lang, und das Projekt musste viele politische Hürden nehmen. Doch die Hartnäckigkeit hat sich gelohnt:

Entstanden ist ein gartenartiger Freiraum mit fliessenden Übergängen zwischen öffentlich und privat. Der Quartierpark überzeugt auch mit den Übergängen zwischen Baumhain und Genossenschaftsgarten, zwischen Spielplatz und Treppenanlage oder zwischen Stützmauer und Terrasse. Die Gestaltung ist stets aus dem Ort heraus entwickelt. Die Nutzungsangebote für unterschiedliche Altersgruppen sind klug auf dem abfallenden Terrain verteilt. Viele Ecken sind auch Lebensräume – die Anlage ist ein Ort der Biodiversität.

Das Kaninchen – Senn-Förderpreis für junge Architektur

Das Kaninchen: Einfamilienhaus, Vira Gambarogno TI

Das Einfamilienhaus im Ortsteil Vira in Gambarogno ist geschichtlich inspiriert, aber nicht historisierend. Der gekonnt konstruierte Hybridbau von Viola Valsesia ist kein Reinling, erscheint in warmen Tönen und ist dennoch farblich zurückhaltend. Das hölzerne Dach vereint die Räume, ohne sie zu dominieren. Die Front zum See ist offen, genauso ist es die Fassade hangaufwärts zu Obstgarten und Wald. Die Räume sind angemessen, weder klein noch gross. Die Möbel sind präzis geschreinert, aber alles andere als detailverliebt. Kurz: Das Haus ist kein angestrengt radikales, sondern ein besonnen vielschichtiges – und darum ein bemerkenswert reifes Erstlingswerk.