Seine Bilder erregen Aufsehen, erschüttern und empören: Oliviero Toscani hat als Fotograf, Creative Director und Bildredaktor Geschichte geschrieben und die Werbekommunikation auf den Kopf gestellt. Berühmt wurde Toscani durch Kampagnen für das italienische Modehaus Benetton, die ebenso ikonisch wie umstritten sind.

Die Ausstellung Oliviero Toscani im Museum für Gestaltung in Zürich zeigt erstmals das Gesamtwerk des provokanten Fotografen. Photo: © Werner Mäder, Uetikon

Nach seiner Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule tauchte Toscani in New York in die «Street Photography» ein und wurde Teil der legendären Factory von Andy Warhol. In Europa etablierte er sich als Werbe- und Modefotograf, der die visuelle Provokation zu seinem Markenzeichen machte. Die Ausstellung im Zürcher Museum für Gestaltung umfasst erstmals Toscanis gesamtes Werk und gibt Anlass, gesellschaftliche Konventionen und aktuelle Themen wie Gender, Rassismus, Ethik und Ästhetik zu diskutieren.

Provokation ist Teil der Ausstellung

Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Eine Nonne und ein Priester beim keuschen Kuss, ein Mann auf dem Sterbebett umringt von seiner trauernden Familie, drei realistische, identische Herzen, die mit «Black», «Yellow» und «White» beschriftet sind – Oliviero Toscani hat die visuelle Provokation zu seinem Markenzeichen gemacht und polarisiert mit Tabuthemen wie dem Tod, freier Liebe und offen zelebrierter Sexualität. Für das italienische Modehaus Benetton realisierte Toscani ab Anfang der 1980er-Jahre ebenso umstrittene wie ikonische Werbekampagnen. Nach ersten, vergleichsweise klassischen Modeaufnahmen machte er den Firmenclaim «United Colors» mit Models aus allen Kontinenten zum Kern seiner Bildwelten.

Oliviero Toscani hat die visuelle Provokation zu seinem Markenzeichen gemacht undpolarisiert mit Tabuthemen wie dem Tod, freier Liebe und offen zelebrierter Sexualität. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Oliviero Toscani hat die visuelle Provokation zu seinem Markenzeichen gemacht und polarisiert mit Tabuthemen wie dem Tod, freier Liebe und offen zelebrierter Sexualität. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Ab 1989 ist auf den Plakaten keine Mode mehr zu sehen. Im ständigen Kampf um Aufmerksamkeit verstand sich Benetton fortan als Katalysator für die Verhandlung drängender gesellschaftlicher Probleme. Einige warfen dem Konzern vor, Themen wie Rassismus, Gewalt und Ausgrenzung für seine Geschäfte zu instrumentalisieren.

«How much is too much?»

Im ständigen Kampf um Aufmerksamkeitverstand sich Benetton fortan als Katalysator für die Verhandlung drängender gesellschaftlicher Probleme. Einige warfen daher Benetton vor, Themen wie Rassismus, Gewalt und Ausgrenzung für seine Geschäfte zu instrumentalisieren. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Im ständigen Kampf um Aufmerksamkeit verstand sich Benetton fortan als Katalysator für die Verhandlung drängender gesellschaftlicher
Probleme. Einige warfen dem Konzern vor, Themen wie Rassismus, Gewalt und Ausgrenzung für seine Geschäfte zu instrumentalisieren. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Trotz teils massiver Kritik radikalisierte Toscani die Kommunikation des Modehauses zusehends: Ab 1992 nutzte er für die Marke nur noch Bilder modeferner Themen wie AIDS, Umweltzerstörung oder Migration. Ein Jahr später gründeten der Firmeneigner Luciano Benetton und Oliviero Toscani die Fabrica, eine Schule für Kunstschaffende unter 25 Jahren aus allen Disziplinen. Das Magazin Colors der Fabrica folgte allein drei Prinzipien: no news, no famous people, ein Thema pro Heft. Eine äusserst kontroverse Kampagne gegen die Todesstrafe, die im Jahr 2000 internationale Empörung auslöste, bildete den Abschluss seiner Arbeit für Benetton.

Beeindruckendes Gesamtwerk

Die Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich ist über mehrere Jahre in enger Zusammenarbeit mit Oliviero Toscani entstanden. Mit über 500 Bildern zeigt sie das monumentale Gesamtwerk des Fotografen. „Die Werke von Oliviero Toscani lassen niemanden gleichgültig und sie provozieren uns bis heute. Seine Bilder erregen starke Emotionen und fordern uns zum Nachdenken und zum Dialog auf. Gleichzeitig beweist die Schau Toscanis Vielseitigkeit und Präzision in der Fotografie.“, sagt Christian Brändle, Direktor Museum für Gestaltung Zürich.

„Die Werke von Oliviero Toscani lassen niemanden gleichgültig und sie provozieren uns bis heute. Seine Bilder erregen starke Emotionen und fordern uns zum Nachdenken und zum Dialog auf. Gleichzeitig beweist die Schau Toscanis Vielseitigkeit und Präzision in der Fotografie.“, sagt Christian Brändle, Direktor Museum für Gestaltung Zürich. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

„Die Werke von Oliviero Toscani lassen niemanden gleichgültig und sie provozieren uns bis heute. Seine Bilder erregen starke Emotionen und fordern uns zum Nachdenken und zum Dialog auf. Gleichzeitig beweist die Schau Toscanis Vielseitigkeit und Präzision in der Fotografie.“, sagt Christian Brändle, Direktor Museum für Gestaltung Zürich. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Neben der Werbung vereint die Ausstellung über 50 Jahre Modefotografie, mit ikonischen Bildern, Magazinen und Vintage Prints zum Anfassen.

Die Ausstellung zeigt auch viele unveröffentlichte Prints und visualisiert so, wie Toscani gearbeitet hat. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Die Ausstellung zeigt auch viele unveröffentlichte Prints und visualisiert so, wie Toscani gearbeitet hat. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Persönliche, nicht-kommerzielle Arbeiten wie die Aufarbeitung des Massakers von Sant’Anna di Stazzema (1944) und mehrere Filmdokumente runden die Ausstellung ab. Eingebettet ist Toscanis Langzeitprojekt «Razza umana» mit Portraits von Menschen aus allen Kontinenten, in dem sich das Publikum selbst verewigen kann.

Eingebettet ist Toscanis Langzeitprojekt «Razza umana» mit Portraits von Menschenaus allen Kontinenten, in dem sich das Publikum selbst verewigen kann. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Eingebettet ist Toscanis Langzeitprojekt «Razza umana» mit Portraits von Menschen aus allen Kontinenten, in dem sich das Publikum selbst verewigen kann. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Vermittlung

Das Vermittlungsprogramm mit Ausstellungsgesprächen, Workshops und Führungen ist auf der Website des Museums zu finden.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung im Museum für Gestaltung, Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich, dauert noch bis am 15. September 2024. Sie ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr, am Donnerstag von 10 bis 20 Uhr.

Weitere Informationen zum Besuch sowie Öffnungszeiten an Feiertagen finden Sie hier.