Natürlich hätte man die Werke seiner Lieblingskünstler gerne im eigenen Haus oder Garten. Die Art Safiental beweist aber in diesem Jahr schon zum dritten Mal, dass moderne Kunst auch in einer grossartigen Landschaft eine einmalige Wirkung haben kann. Die 3. internationale Biennale Art Safiental 2020 zeigt vom 18. Juli bis zum 1. November 2020 zeitgenössische Landschaftskunst unter dem Motto ‘Analog-Digital’. Organisiert wird die Landschaftsausstellung vom Naturpark Beverin, zusammen mit dem 2019 neu gegründeten Institute for Land and Environmental Art (ILEA).

frölicher I bietenhader: “ctrl + s (prekäre Stellen)”, sketch for Art Safiental 2020

frölicher I bietenhader: “ctrl + s (prekäre Stellen)”, Bäch, Bächer Hütta

Die Freilicht-Ausstellung verteilt sich über die ganze Gemeinde Safiental im Naturpark Beverin, von der Rheinschlucht bis zum Turrahus und hoch hinaus. Wie vielschichtig die archaisch-liebliche Berglandschaft mit den neuen Möglichkeiten digitaler Kunst zusammenspielt, wird man erwandern und erleben können. Wenn mit dem diesjährigen Motto ‘Analog-Digital’ auch so manches aus der Cloud oder vom Handy kommt, sicher ist, dass die Landschaftskunst im Safiental starke Wurzeln geschlagen hat.

Als Info-Zentrum zur Ausstellung dient das Berghotel Alpenblick in Tenna, samt Art Lounge, Indoor-Ausstellung und kleiner Bibliothek zum Thema Land and Environmental Art und den gezeigten KünstlerInnen.

Werke von 17 nationalen und internationalen KünstlerInnen

Über 17 nationale und internationale Kunstschaffende setzen das Motto ‘Analog-Digital’ im Dialog mit der Landschaft, der Natur und dem alpinen Aussenraum in spannende Werke um. Dem Thema entsprechend wird aber nur ein Teil physisch und grossformatig ausfallen. Teils sind die Werke an der Schnittstelle zwischen analog und digital angesiedelt, einige werden gar rein digitaler Natur sein.

Manuel Rossner, Rossner, Art Safiental, Floating Backwards

Eine Virtual-Reality-Erfahrung im Rheintal von Manuel Rossner für die 3. Art Safiental.

Spannend wird es auch sein, die sonst eher im urbanen Raum verbreiteten neuen Medien und Technologien im Bündner Bergtal zu erfahren. Die Palette der eingesetzten Medien reicht dabei von VR (Virtual Reality), AR (Augmented Reality) über Apps, Gamekultur, Social Media, Film mit und ohne Drohne, Audio-Walk und Performance bis hin zu handfesten Installationen, Skulptur, Fotografie und Malerei.

N1 – Observatory von Fragmentin

Das «N1-Observatorium» auf dem Schlüechtli (2283m) ist sowohl eine Skulptur als auch eine Virtual-Reality-Erfahrung und hinterfragt die Integration und Nutzung digitaler und infrastruktureller Technologien in der natürlichen alpinen Landschaft.

Blick vom N1 – Observatory, Schlüechtli; Bild: Werner Mäder, Uetikon

Die Skulptur in Form eines Triangulationspunktes und ähnlich einer Apollo-Mondkapsel beheimatet eine solarbetriebene Wetterstation inklusive USB-Ladegeräte, mit denen man auf dem Gipfel Strom beziehen kann. Durch die Linsen des Virtual-Reality-Headsets können Besucher die sie umgebende alpine Landschaft in einer digitalisierten Punktwolkenästhetik entdecken. Diese verän- dert sich in Echtzeit entsprechend den herrschenden klimatischen Schwankungen (Wind, Temperatur, Strahlung u. a.). Dank VR werden sonst für das Auge unsichtbare Netzwerke wie etwa elektromagnetische Wellen (5G) sicht- und erlebbar gemacht.

N1 – Observatory; Foto: Werner Mäder, Uetikon

I See Darkness von Ester Vonplon

Die Fotokünstlerin nutzte den stillgelegten alten Acla-Tunnel  für  mehrere  Wochen  als ihr Atelier und Labor. Dabei funktionierte  der  Tunnel  weitgehend  als  Kamera.  So wurde etwa mit lichtempfindlichem Fotopapier das spärliche Licht aus Löchern und Seitenstollen eingefangen und auch vor Ort im Tunnel entwickelt. Die Bilder wurden anschliessend gescannt und teils auch digital weiterbearbeitet. Die  finalen Resultate kann man an zwei unterschiedlichen Orten erleben: In einem klassischen Präsentationsrahmen in einem Innenraum sowie einen ungewöhnlichen Aussenraum: dem Tunneleingang.

I See Darkness von Ester Vonplon; Bild: Werner Mäder, Uetikon

Zu Fuss zum Werk als Teil der Erfahrung

Praktisch alle Werke der Art Safiental 2020 sind durch Wanderwege erschlossen, teilweise kann man auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Privatwagen hin-, respektive in die Nähe gelangen. Bei einzelnen Werken muss jedoch mit einer Wanderzeit von 60 – 90 Minuten gerechnet werden.

Diese Wanderungen lohnen sich aber auch wegen der wunderbaren Landschaft des Safientals. Dabei stösst man auch auf Erscheinungen, die selbst zu den Kunstwerken gehören könnten, wäre nicht die Natur selbst deren Schöpfer. Dieser kleine Tümpel beispielsweise ist mit seinen geordneten Gräsern am Rande und den roten Algen ein Kunstwerk sondergleichen.

Tümpel unterhalb Schlüechtli; Bild: Werner Mäder, Uetikon

Tümpel unterhalb Schlüechtli; Bild: Werner Mäder, Uetikon

Wer alle Werke der Biennale besuchen möchte, plant mindestens zwei Tage ein. Eine Übersichtskarte mit Infos zu den Werken und Wandertipps ist ab Mitte Juli erhältlich (online und als Faltkarte in allen Hotels, Restaurants und Info-Stellen im Tal). Werk-Tafeln vor Ort und die Website www.artsafiental.ch helfen bei der Vermittlung.  Einige Hotels im Tal bieten neu auch spezielle Art Safiental-Pakete an.