Studie «Wohnmobilität neu denken» des BWO.
10.06.2025Die ZHAW School of Management and LAW hat im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen BWO die bisher gewonnen Erkenntnisse einer vierjährigen Studienreihe über die Wohnmobilität in der Schweiz in einem Zwischenbericht zusammengefasst. Sie enthält ausserdem Handlungsempfehlungen für Privatpersonen, Marktakteure und die öffentliche Hand. Der Bericht ist als Management Summary, als Kurzfassung und als Vollversion im PDF-Format verfügbar. Letztere ist vor allem in Bezug auf mögliche Modelle und Lösungsansätze interessant.
Die Wohnmobilität
Die Wohnmobilität in der Schweiz folgt über den Lebensverlauf hinweg klaren Mustern – und dies war schon immer so. Während junge Erwachsene motiviert durch Berufsstart, Familiengründung oder den Wunsch nach mehr Wohnraum häufig umziehen, nimmt die Umzugsbereitschaft im höheren Alter deutlich ab. Ältere Menschen verbleiben häufiger in Wohnsituationen, die nicht mehr optimal zu ihren Bedürfnissen passen. Dies geschieht nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern weil bestehende Strukturen Stabilität stärker belohnen als Veränderung.

So ist beispielsweise die Hypothekarfinanzierung auf eine langfristig tragbare Nutzung ausgelegt, und bestehende Mietverhältnisse sind oft günstiger als vergleichbare Angebote auf dem Markt. Angesichts der aktuellen Wohnungsknappheit kann die geringere Wohnmobilität im Alter jedoch zunehmend gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringen.
Wunsch nach Eigentum und Reduktion im Alter
Ein zentrales Spannungsfeld zeigt sich zwischen dem Wunsch nach Wohneigentum und der Wohnraumverkleinerung im Alter. Wohneigentum gilt für viele als erstrebenswert, ist jedoch mit finanziellen Hürden verbunden. Steigende Immobilienpreise, strenge Finanzierungsanforderungen und ein begrenztes Angebot erschweren insbesondere jüngeren Haushalten den Erwerb.
Gleichzeitig halten viele ältere EigentümerInnen an grossen Wohnimmobilien fest, obwohl eine Verkleinerung von Vorteil sein könnte – beispielsweise in Bezug auf ihre Lebensqualität. Während junge Haushalte aktiv nach Verbesserungen suchen, stehen ältere Haushalte häufig vor Unsicherheiten und Entscheidungshürden. Ein Umzug wird in vielen Fällen hinausgezögert, da der unmittelbare Nutzen nicht klar wahrgenommen wird oder geeignete Alternativen fehlen.
Best Agers auf «Wohnen im Alter» reduziert
Insbesondere die Zielgruppe der Best Agers – also Personen zwischen 45 und 79 Jahren – wird zu sehr auf das klassische «Wohnen im Alter» reduziert. Der Markt bietet bislang zu wenig Lösungen, um die oben genannten Herausforderungen zu adressieren. Speziell für Best Agers fehlen flexible und attraktive Wohnangebote, die eine Verkleinerung ohne Qualitätsverlust ermöglichen. Dabei suchen viele Personen dieser Altersgruppe nach flexiblen Wohnformen, die auf ihre aktive Lebensgestaltung zugeschnitten sind.

Grosser Spielraum auf Gemeindeebene
Auf Gemeindeebene liegt ein grosses Potenzial, die Wohnraumgestaltung aktiver anzugehen. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, aktiv den lokalen Markt zu gestalten, um Konzepte für flexible Wohnmodelle zu fördern. An der Schnittstelle zur staatlichen Regulierung werden die lokalen Freiheiten derzeit zu wenig ausgeschöpft. Auf staatlicher Ebene steht die Wohnpolitik vor einem Dilemma: zwischen Sicherheit (Regulierung) und Freiheit (Marktfreiheit). Der Staat muss individuelle, aber auch gesellschaftliche Interessen berücksichtigen. So könnte beispielsweise eine Ausdehnung der Wohneigentumsförderung dazu beitragen, dass sich mehr Personen Wohneigentum leisten können. Gleichzeitig kann dies aber auch die Finanzmarktstabilität gefährden, indem es zu einer erhöhten Verschuldung privater Haushalte und einer potenziellen Überhitzung des Marktes führt.
Fazit
Insgesamt zeigt sich, dass Wohnmobilität nicht nur eine Frage der individuellen Entscheidung ist, sondern massgeblich von Marktdynamiken und politischen Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Ein Umdenken hin zu flexibleren Wohn- und Finanzierungsmodellen (z.B. Wohneigentum auf Zeit, Baurechtsmodelle, gemeinschaftsbasierte Eigentumsformen und Mietkaufmodelle) und gezielteren staatlichen Anreizen könnte dazu beitragen, den Wohnmarkt nachhaltiger und anpassungsfähiger zu gestalten. Dabei müssen insbesondere auch die Dynamiken der Miet-, Eigentums- und Finanzmärkte gemeinsam betrachtet werden, da sie sich gegenseitig beeinflussen.