Steht uns jetzt ein «Silver Tsunami» bevor?
01.09.2025Die Babyboomer-Generation verfügt tendenziell über einen hohen Anteil an selbstgenutztem Wohneigentum. Nun sind die Kinder ausgezogen viele ältere Eigentümer leben allein in ihren oft zu grossen Häusern oder Wohnungen. Die demografische Alterung sei eine der grössten Herausforderungen, mit der sich entwickelte Volkswirtschaften im laufenden Jahrhundert konfrontiert sehen. Auch am Schweizer Immobilienmarkt hinterlasse dieser Megatrend Spuren, schreibt die Raiffeisen Schweiz. Diese Entwicklung hat die Bank zum Anlass genommen, im Rahmen ihrer Studie «Immobilien Schweiz – 3Q 2025» abzuklären, ob nun ein «Silver Tsunami» droht – mit anderen Worten, ob durch verkaufswillige Babyboomer dem Immobilienmarkt eine Verkaufswelle von Wohneigentum droht.
Kurz zusammengefasst kommt die Raiffeisen zu folgendem Fazit: «Babyboomer bleiben nach der Pensionierung überwiegend im Eigenheim, weshalb nicht mit einer Verkaufswelle zu rechnen ist. Die Umzugsbereitschaft von pensionierten Wohneigentümern bleibt bis ins hohe Alter auf sehr tiefem Niveau. Trotz demografischer Alterung sind in Zukunft aufgrund von Knappheitseffekten keine sinkenden Preise für Wohneigentum zu erwarten.»
«Silver Tsunami» nicht zu erwarten
Ein «Silver Tsunami», also eine grosse Verkaufswelle beim Wohneigentum, weil einer wachsenden Zahl von verkaufswilligen Babyboomern weniger Nachfrager aus jüngeren Generationen gegenüberstehen, sei jedoch gemäss den Immobilienmarktexperten von Raiffeisen Schweiz nicht zu erwarten. Vielmehr sei die überwiegende Mehrheit der Wohneigentümerinnen und -eigentümer mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden und verbleibe auch nach der Pensionierung noch sehr lange in ihrem Eigenheim.
«Das Absinken der Wohneigentumsquote bei den heute ältesten Alterskohorten suggeriert fälschlicherweise eine hohe Neigung zum Verkauf von Wohneigentum im Alter. Die Wohneigentumsquote sinkt im Querschnittsvergleich lediglich, weil die Jahrgänge vor 1945 aus strukturellen Gründen schon immer eine tiefere Eigentumsquote aufwiesen als die Babyboomer-Jahrgänge», erklärt Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.
Demografische Entwicklung wegen Knappheit kaum spürbar
Gänzlich unberührt bleibe gemäss Raiffeisen der Immobilienmarkt vom fortschreitenden demografischen Alterungsprozess aber nicht. Dieser habe Auswirkungen auf die Nachfrage nach Immobilien und schlage sich in einer schwächeren Preisdynamik nieder. Raiffeisen schreibt: «So verzeichneten beispielsweise demografisch junge Gemeinden mit einem Anteil von 15 Prozent an über 65-Jährigen in den vergangenen drei Jahren jährlich ein um rund 0,75 Prozentpunkte höheres Preiswachstum als Gemeinden mit einem doppelt so hohen Anteil an über 65-jährigen. Dennoch haben Faktoren wie die grosse Angebotsknappheit, die tiefen Zinsen und die hohe Zuwanderung die Preisentwicklung bisher viel stärker geprägt als die Alterung unserer Gesellschaft, was sich auch in Zukunft nicht fundamental verändern dürfte.»
Zum einen sorge das Lohngefälle gegenüber dem Ausland dafür, dass die Schweiz auch weiterhin mit einer robusten Zuwanderung rechnen dürfe, so die Raiffeisen-Studie. Zum anderen führe die zunehmende Anzahl älterer Haushalte dazu, dass mehr Wohnraum ineffizient genutzt werde und dadurch die Knappheit am Schweizer Immobilienmarkt auf längere Sicht anhalte.
«Wer auf bald sinkende Wohneigentumspreise aufgrund der demografischen Entwicklung hofft, dürfte enttäuscht werden. Denn sinkende Wohneigentumspreise oder gar Preiseinbrüche aufgrund der demografischen Entwicklung sind hierzulande auch zukünftig nicht zu erwarten. Vielmehr kann der demografische Wandel eher als Chance für eine gewisse Linderung der Wohnungsknappheit betrachtet werden, denn als Bedrohung für das Preisgefüge», schliesst Hasenmaile.
Angebot auf dem Mietwohnungsmarkt bleibt knapp
Wie gross die Wohnraumknappheit mittlerweile sei, zeige auch der Blick auf den Mietwohnungsmarkt, schreibt die Raiffeisen. Und weiter: «Aufgrund einer schwächeren Zuwanderung und eines leichten Anstiegs des Angebots hat der Aufwärtsdruck auf die Mietpreise zuletzt zwar etwas nachgelassen. Die Situation bleibt aber insgesamt sehr angespannt.» Die rege öffentliche Debatte über die mangelnde Wohnraumversorgung habe bisher nicht dazu geführt, den Wohnungsbau wesentlich zu beschleunigen, weshalb die Nachfrage das Angebot unverändert deutlich übersteige.
«Dementsprechend muss auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt auch künftig mit einem spürbaren Anstieg der Angebotsmieten und rückläufigen Leerständen gerechnet werden», konstatiert Hasenmaile.
Die Raiffeisen-Studie Immobilien Schweiz – 3Q 2025; Löst der «Silver Tsunami» eine Verkaufswelle aus? können Sie hier als PDF herunterladen.